BV-Wahl in Hietzing

Das Chaos der ÖVP Hietzing erklärt

Eine designierte Nicht-Bezirksvorsteherin und das Chaos der ÖVP Hietzing. Was ist passiert? Eine Analyse von Christopher Hetfleisch. Klubobmann der Grünen Hietzing.
In den letzten Wochen schaffte es die Hietzinger Bezirkspolitik österreichweit in diversen Medien vorzukommen. Leider war der Grund kein positiver. Von einem „Putsch in der ÖVP Hietzing“ war zu lesen. Doch der Reihe nach.

Vorgeschichte

Alles begann mit einem für alle überraschenden Rücktritt der Bezirksvorsteherin Silke Kobald im September 2023. Wir wurden auf Standard.at darüber informiert. Da alles so schnell vonstattenging, gab es von der ÖVP noch keine:n neue:n Kandidat:in. Die Person musste also erst von der ÖVP Bezirksorganisation Hietzing gewählt werden. Dies geschah einige Wochen später und die aktuelle Klubobfrau Johanna Sperker der ÖVP Hietzing konnte die parteiinterne Wahl für sich entscheiden. Zu unserer Verwunderung wurde bereits kurze Zeit später das Abstimmungsverhältnis von 15 zu 14 zugunsten von Johanna Sperker gegen Bezirksrat Niki Ebert veröffentlicht. Laut BezirksZeitung aufgrund eines Insiders. Es dauerte nicht lange, da erhielten alle Oppositionsparteien einen anonymen Brief, dass wir die designierte Bezirksvorsteherin Sperker „bekämpfen“ und keinesfalls unterstützen sollen. Dies ignorierten wir und beobachteten einfach das Geschehen. Bald darauf platzte die Bombe und Niki Ebert (ÖVP) verkündete gemeinsam mit Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Christian Gerzabek (ÖVP), dass er die notwendige Mehrheit im ÖVP-Bezirksrät:innen-Klub hat.

Wahlsystem

Laut Wiener Stadtverfassung darf die Mehrheit der stimmenstärksten Partei einen Wahlvorschlag für den Posten der Bezirksvorstehung einreichen. In Hietzing bedeutete dies, dass Niki Ebert 10 Unterschriften von den 19 Bezirksrät:innen der ÖVP benötigte. 11 ÖVP Bezirkrät:innen unterschrieben für Niki Ebert als Bezirksvorsteher. Somit stand er statt Johanna Sperker am 7. November 2023 zur Wahl bei der Sondersitzung der Bezirksvertretung. Zusammengefasst heißt es, dass 11 ÖVP Bezirksrät:innen gegen einen internen Bezirksparteienbeschluss und gegen den Wunsch der ÖVP Landespartei handelten. Das Chaos der ÖVP Hietzing war perfekt.

Abstimmung

Nun zur Sondersitzung der Bezirksvertretung am 7. November 2023: Knapp 150 Personen sorgten für einen gut gefühlten Festsaal. Bezirksvorsteherin Silke Kobald verabschiedete und bedankte sich in einer letzten Rede und verließ daraufhin sofort den Saal. Dies ist keineswegs üblich und zeigt von viel verbrannter Erde innerhalb der ÖVP. Danach folgte die „Wahl“ von Friedrich Nikolaus Ebert zum neuen Bezirksvorsteher. Mit 14 Jas, 6 Enthaltungen und 17 Neins wurde er zum Bezirksvorsteher gewählt. Eine eindeutige Wahl sieht anders aus.

reaktion

Daraufhin folgten die Festreden von Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Bezirksvorsteher-Stellvertreter und natürlich vom neuen Bezirksvorsteher, welcher mit den Worten „Endlich ist es soweit!“ begann, bevor er seine vorbereitete Rede hielt. Darin bedankte er sich bei Wegbegleiter:innen. Was aus grüner Sicht auffiel? Sein Vorbild sei Bezirkskaiser Adolf „Adi“ Tiller (ÖVP) aus Döbling und der Satz: „Mir sind Freundschaften wichtiger als fachliche Kompetenz.“ Zusätzlich sprach der Bezirksvorsteher vom neuen Stil, der nun mit ihm kommen soll. Es folgten Reden der Klubobmenschen aller Parteien. Hier ist Klubobfrau Johanna Sperker positiv hervorzuheben, da diese nicht auf den Kontrahenten und dessen Vorgehensweise eingegangen ist. Mich hat die Vorgehensweise von Niki Ebert und seinem Umfeld ziemlich zu schaffen gemacht. Man kann unterschiedlicher politischer Meinung sein, aber eine Parteikollegin so abzuschießen halte ich aufgrund meines Wertesystems nicht aus.

Rede

Aufgrund der ganzen Ereignisse war es mir ein besonderes Anliegen meine Rede authentisch zu halten und daher habe ich diese nicht vorbereitet. Wir Oppositionsparteien haben erst im Frühjahr dieses Jahres über eine Presseaussendung die Untätigkeit der ÖVP-Vorsitzenden scharf kritisiert. Über die Gründe möchte ich mich an dieser Stelle nicht weiter äußern. Vielleicht nur so viel, dass es laut einigen Festgästen immer wieder Ungereimtheiten in der Arbeit Niki Eberts gab. Die letzten 2,5 Jahre durfte ich mir auch selbst ein Bild von Niki Ebert als Vorsitzender der Kommission für Bildung, Kultur und Sport machen. Das Ergebnis ist sehr überschaubar. Außerdem gab es hier kaum Zusammenarbeit und inhaltliche Argumente wurden größtenteils ignoriert. An einer angenehmen und vor allem produktiven Arbeits-/Gesprächskultur war nicht zu denken. Bis zur letzten Sitzung, da war Niki Ebert auf einmal freundlich und wertschätzend. Authentisch war dies keinesfalls, weswegen ich diese Arbeitsweise auch vor allen Festgästen angesprochen habe und dem Wolf aus einem Märchen verglichen habe, der Kreide fraß, um seine Nettigkeit vorzutäuschen. Zu guter Letzt wies ich noch auf einen interessanten Satz, von der ehemaligen Bezirksvorsteherin Silke Kobald, hin. Dieses sagte in einer öffentlichen Sitzung im September 2023, dass sie in den letzten Monaten lernen musste, dass gegen eine Männerfreundschaft nicht anzukommen sei.

Fazit

Mit Niki Ebert hat Hietzing nun einen rückwärtsgewandten Bezirksvorsteher. Statt einer aus meiner Generation stammenden weiblichen Bezirksvorsteherin ist nun ein Mann im wichtigsten politischen Amt Hietzings, welcher in seinen knapp 30 Jahren Bezirksratstätigkeit eher für seine schleißige Vorsitzführung aufgefallen ist. Wir Grünen wünschen uns einen Bezirksvorsteher der für ALLE Hietzinger:innen da ist und sich ehrlich für deren Anliegen einsetzt. Nicht einen Bezirksvorsteher der sich nur um seine Freunde und Männerbünde interessiert.

Die Grünen Hietzing bei der Sondersitzung.