Historische Gebäude schützen! Abrisse verhindern.

Das Grüne Anliegen, den häufigen Missbrauch der „wirtschaftlichen Abbruchreife“ (Bauordnung) zu stoppen würde im Bezirk Hietzing erfolgreich angenommen, im Gemeinderat jedoch abgelehnt.

Ende November 2021 stimmten SPÖ, ÖVP, FPÖ und NEOS im Wiener Landtag gegen den Grünen Antrag, obwohl Ende September 2021 in der Hietzinger Bezirksvertretung von allen Parteien (ausgenommen NEOS) ein Resolutionsantrag gegen den Missbrauch der „wirtschaftlichen Abbruchreife“ angenommen wurde (siehe unten). Dieses Anliegen des Bezirks ging somit nicht in die Bauordnungsnovelle 2021 ein. Wir Grüne werden uns aber weiterhin für den Erhalt historischer Gebäude einsetzen!​

Mit der letzten, 2018 von Rot-Grün beschlossenen Bauordnungs-Novelle wurden Abrisse von Häusern die vor 1945 errichtet wurden, erschwert. Nunmehr müssen, auch wenn sich die Objekte nicht in einer Ortsbild-Schutzzone befinden, Abrisse angezeigt werden und können erst dann durchgeführt werden, wenn eine Bestätigung seitens des Magistrats vorgelegt wird, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. In der Regel gibt die für Architektur und Stadtgestaltung zuständige Magistratsabteilung 19 ein Gutachten ab, ob es sich um ein schützenswertes Gebäude handelt oder nicht.

In der Praxis kann dies jedoch umgangen werden, indem Bauwerber auf „wirtschaftliche Abbruchreife“ plädieren. Das diesbezügliche „Schlupfloch“ findet sich im § 60 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, dessen Ziffer d) folgendermaßen lautet:

„Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine gültige Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.“

Dieser Paragraf ermöglicht leider auch Missbrauch, z.B. wenn Eigentümer in spekulativer Absicht den Zustand der Objekte die sie „loswerden“ wollen bewusst schädigen, z.B. in dem sie bei Schlechtwetter Fenster wochenlang offen stehen lassen, um dann unter Hinweis auf Schimmel, feuchte Keller o.ä. auf „wirtschaftliche Abbruchreife“ zu plädieren. 

Die für die Prüfung zuständige Magistratsabteilung 25 hat kaum Möglichkeiten, dies nachzuweisen, und verglichen mit den Millionengewinnen die durch Neubauten nach Abrissen oft zu erzielen sind, ist eine Erhaltung nur noch selten im Interesse von Eigentümern (vor allem dann wenn dort Wohnende oder deren ErbInnen ihr Anwesen verkauft haben und kein emotionaler Bezug mehr zu diesem gegeben ist).

Auf Antrag der Grünen hat daher die Bezirksvertretung Hietzing bei ihrer Sitzung am 29. September 2021 mit großer Mehrheit einen Resolutionsantrag angenommen​, der sich für eine Streichung dieser Ausnahme aus der Bauordnung ausspricht. Nur die NEOS stimmten dagegen, mit der Begründung dass es an Alternativen mangle.

Dieses Argument können wir nicht ganz nachvollziehen – was wir Grüne fordern ist eine massive Aufstockung der Mittel des Altstadterhaltungsfonds. Dies würde nämlich sowohl dem Wiener Stadtbild zu Gute kommen als auch etwaigen „Ausreden“ abrisswilliger Bauwerber entgegenwirken.

Leider fehlt dieser Punkt (also die Streichung oder zumindest Änderung des Passus „…oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann“) zur Gänze im rot-pinken Vorschlag für die Bauordnungsnovelle 2021.

Doch geht es hier wohl nicht nur um ein Anliegen des 13. Bezirks, sondern um eines das die meisten WienerInnen, denen ihr Stadtbild am Herzen liegt, unterstützen.

Hietzinger Grüne vor dem vom Abriss bedrohten Haus Hofwiesengasse 29 (v.l.n.r.: Gerhard Jordan, Andrea Diawara, Christopher Hetfleisch.

Beispiele für Abrisse unter dem Titel der „wirtschaftlichen Abbruchreife“ aus den letzten Jahren gibt es in mehreren Wiener Bezirken. In Hietzing ist laut Medienberichten das Haus Hofwiesengasse 29 in Speising gefährdet (Foto), bzw. Gegenstand einer Prüfung auf „wirtschaftliche Abbruchreife“. Auch zwei große Lindenbäume auf dem Grundstück sollen gefällt werden.

Das Haus wurde 1931 von Architekt Alois Plessinger (1894-1968) errichtet, einem Schüler von Peter Behrens, und ist ein Beispiel für die Architektur der Zwischenkriegszeit, die in Hietzing in ihrer Bedeutung zunehmend anerkannt wird (von der „Werkbundsiedlung“​ bis zur „Villa Beer“). Die MA 19 hat übrigens in ihrer Stellungnahme dezidiert festgehalten, dass an der Erhaltung des Bauwerks „infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild ein öffentliches Interesse besteht“.